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Herausforderungen im Auslands-Freiwilligendienst

Angelos Nikolaides aus Stuhr-Varrel (Kirchenkreis Delmenhorst/Oldenburg Land) ist sein letztem Sommer in Quito/Ecuador und schreibt diesmal:

„Einen Freiwilligendienst für ein Jahr in einem Entwicklungsland zu machen ist nicht immer einfach. Heute berichte ich von den – für mich – drei größten Herausforderungen:

Toleranz gegenüber einer anderen Kultur

Die Menschen in Ecuador haben andere Werte und Überzeugungen, an die ich mich zwar kaum anpassen kann, die aber zu tolerieren sind:
– Höflichkeit ist sehr wichtig, so wichtig, dass man sich entschuldigt, wenn man nach 12 Uhr noch „buenos días“ (Guten Morgen) sagt statt „buenas tardes“ (Guten Nachmittag). Das wird meist nie direkt angemerkt, aber ich erfahre es oft viel später.
– Auch das Schenken ist hier anders. Ich mache gerne Dinge selbst, die mir Zeit kosten, aber hier ist es wichtig, dass das Geschenk neugekauft und in der Originalverpackung ist; am besten mit Preisschild.
– Und Rassismus ist in der ecuadorianischen Kultur noch sehr sichtbar. Ausdrücke wie „Trabajas como un negro.“ („Du arbeitest wie ein Schwarzer.“) sind immer wieder zu hören. In der Werbung, sogar in Bilderbüchern, sind die Menschen meist weiß, obwohl in „meinem“ Kindergarten nicht ein einziges Kind helle Hautfarbe hat.
– Das Essen: Ohne Fleisch ist es keine richtige Mahlzeit und es wird alles vom Tier gegessen: Hirn, Nase, Herz, Magen, Füße – für mich als Veganer erst recht nicht einfach, aber es gibt ja Reis zu jeder Mahlzeit.
Und so sind auch mal Reis, Nudeln und Kartoffeln auf einem Teller… bei uns eher ungewohnt.

Umgang mit Sicherheit und Armut

– Ecuador ist ein Entwicklungsland und dementsprechend ist die Armut hoch und die Sicher­heit nicht mit der in Deutschland vergleichbar. Durch die Pandemie hat sich die wirtschaft­liche Lage in Ecuador sogar noch verschlimmert und so ist auch die Arbeits­losenrate gestiegen und das Land noch unsicherer geworden. Seit mehreren Monaten wird davon abgeraten in bestimmte Regionen der Pazifikküste Ecuadors zu reisen, da dort Aus­nahmezustand herrscht aufgrund von Drogenbanden. Auch Städte wie Quito, wo ich lebe, sind sehr unsicher und man wird leicht ausgeraubt. Das ist mir zum Glück noch nicht passiert. Man sollte nicht mehr nach 19 Uhr rausgehen (da ist es nämlich schon dunkel).
– Auch Armut ist gerade für mich, der in einer Organisation arbeitet, die die Armut  hier versucht zu bekämpfen, sehr sichtbar. Sie ist nicht vergleichbar mit Deutschland, wo man staatliche Hilfe bekommt, wenn man keine Arbeit hat. Viele Familien, die wir unter­stützen, könnten sich ohne diese Unterstützung noch nicht mal Grundnahrungsmittel für jeden Tag leisten. Das ist die extreme Armut in Ecuador, an die ich mich nie gewöhnen kann und auch nicht gewöhnen will.

Man bleibt ein Ausländer

Auch nach mittlerweile fast einem Jahr in Ecuador werde ich natürlich immer noch als Ausländer erkannt: Spätestens wenn ich anfange zu reden, merkt es jeder, wenn nicht sogar schon früher aufgrund meines Aussehens. Wenn ich reise, einkaufen gehe – immer muss ich erzählen, woher ich komme, was ich hier mache und wie lange ich hierbleibe.
– Mich immer noch fremd zu  fühlen liegt aber auch mit an mir: An viele Dinge kann ich mich kaum oder nicht gewöhnen, egal wie offen ich auch sein mag. Das durchzustehen, ein Jahr lang ein Fremder in einem Land zu sein, ist für mich eine besondere Herausforderung. Aber ich bleibe noch bis August hier…“

Angelos mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von der Organisation „Sembrar Esperanza“ (Hoffnung sähen).
Quito bei Nacht (von der Dachterrasse unserer FSJ-WG aus)

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