Klein sein ist nicht schlimm. Das kenne ich aus meiner Kindheit, das habe ich neulich nochmal gehört, das sieht auch die Bibel so. Aber der Reihe nach:
1. Mit drei älteren Geschwistern aufzuwachsen war nicht immer einfach. Die durften schließlich länger aufbleiben, bekamen mehr Taschengeld, schauten andere Filme und konnten viel mehr Dinge unternehmen als ich. Dementsprechend hartnäckig oder nervig (je nachdem, wen man fragt) war ich dann auch, um möglichst viel mitmachen zu dürfen. Letztlich kann ich das Fazit ziehen, dass es auch seine guten Seiten hatte kleiner zu sein. Es gab ein besonderes Schutzgefühl meiner Geschwister und Eltern mir gegenüber. Zudem wurden viele „Rechte“ schon von meinen Geschwistern erstritten und waren für mich selbstverständlich.
2. Auf der Gesamttagung für Kindergottesdienst in Stuttgart hat Robby Höschele (Referent für experimentelle und kulturelle Bildung im ejw Württemberg) mich mit einem Workshop zu „Kleinen Leuten“ inspiriert. Dazu nahm ich eine beliebige Pose ein und wurde vor einem neutralen Hintergrund fotografiert. Dann folgte der schwierige Teil. Mein Umriss auf dem ausgedruckten Foto musste ausgeschnitten werden. Nach mühevoller Kleinstarbeit kam endlich der Spaß: Ich konnte mich selbst in verschiedenste Alltagssituationen platzieren und fotografieren. Das Ergebnis könnte man als „analoges Photoshop“ bezeichnen – oder als handwerkliche Fotomanipulation. (Relativ) kleiner Aufwand – große Wirkung! Mit der entsprechenden Planung lassen sich damit sogar Geschichten erzählen.
3. Zum Beispiel die vom kleinen Zach (ausgesprochen: Säk). Ein gut situierter Grenzbeamter. Er bestimmt wie hoch die Zölle auf einzuführende Waren in seinem Ort sind. Er kann das, was manche Politiker ihm heute gerade nachmachen. Das Geschäft läuft. Jeder der im Ort etwas verkaufen will muss erstmal bei ihm Steuern zahlen. Das Geschäft brummt. Die anderen Menschen im Dorf sehen seine Geschäfte kritisch. Als eines Tages Jesus das Dorf besucht, bekommt er die Ablehnung der Menschen zu spüren. Überall entlang der Hauptstraße versammeln sich die Menschen. Sie wollen alle sehen wie Jesus eigentlich ist, wollen hören was er zu sagen hat. Doch Zach bekommt nichts zu sehen. Er ist zu klein. Doch als kleiner Mensch weiß man, dass man auch mal kreativ werden muss. So klettert er auf einen Baum und kann auf einmal doch was sehen… Wie die Geschichte mit Zach, alias Zachäus, weitergeht steht schon woanders aufgeschrieben. Kleiner Mann – große Geschichte. Ein Aspekt der Geschichte kann uns im Hinblick auf Erntedank weiterbringen: Zachäus bekommt durch das Gespräch mit Jesus ein dankbares Herz geschenkt. Er kann auf einmal die Welt mit anderen Augen sehen. Seine Prioritäten haben sich verschoben. Erntedank ist eine Gelegenheit zu schauen, was habe ich eigentlich alles? Was wird mir geschenkt? Wie viel Gutes passiert mir, ohne dass ich es verdient habe? Das kann ich sammeln. Dafür kann ich dankbar sein. Da mögen manche Sachen dabei sein, die zunächst ganz klein wirken. Aber wenn ich sie aus einer anderen Perspektive betrachte werden sie plötzlich ganz schön groß. Dazu kann es helfen sich tatsächlich in eine neue Perspektive zu begeben. So wie Ihr das auf diesen Fotos auch seht.
Text und Foto: Arne Hildebrand, Pastor in Altenesch und Bardewisch/Kreisbeauftragter für Kindergottesdienst im Kirchenkreis Wesermarsch
Instagram: PastorHildebrand
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