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„Es ist gut, dass sich die Evangelische Jugend so positioniert hat!“

Landesjugendpfarrer Sven Evers zur Atomkatastrophe in Japan

Es war 1986 und ich war 15. Mein Vater erklärte mir, ich solle nicht durch den Regen mit dem Fahrrad nach Hause fahren oder mich unnötig im freien aufhalten. So ganz verstanden habe ich das damals wohl nicht. Was ich verstanden hatte: in Tschernobyl hatte es einen Unfall in einem Atomkraftwerk gegeben und eine radioaktive Wolke, unsichtbar, nicht zu riechen und auch sonst nicht wahrzunehmen, zog über Europa.

Inzwischen weiß ich, was Radioaktivität ist. Inzwischen weiß ich, was es mit dem Begriff der Halbwertzeit radioaktiven Materials auf sich hat. Inzwischen weiß ich, dass lügt, wer Atomkraft als sicher und nachhaltig bezeichnet.

Warum braucht es erst wieder einen Unfall wie den in Japan, damit nicht nur wenige, sondern viele auf die Straßen gehen und sich für eine Welt ohne Atomkraft einsetzen? Warum braucht es erst wieder einen Unfall, damit wir aus unserem Schlaf angeblicher Sicherheit aufwachen und uns zu Wort melden?

Aber immerhin: besser jetzt als nie. Besser spät als zu spät – in der Hoffnung, dass es noch nicht zu spät ist.

Als Jugendliche wurden wir belächeln, wenn wir uns bemerkbar machten mit Slogans wie „Wir haben die Welt nur von unseren Kindern geliehen“ oder dem berühmten aus der Weissagung der Cree, der betonte, dass man Geld nicht essen kann.

Heute – allerspätestens heute! – weiß ich, dass wir Recht hatten.

Ganz abgesehen von den unabsehbaren Gefahren nuklearer Unfälle, wie wir ihn gerade in Japan miterleben müssen, ganz abgesehen von dem angeblichen „Rest“risiko (aber was helfen 99,9%, wenn dann eben doch 0,1% eintreten…) – selbst bei sofortiger Abschaltung sämtlicher Atomkraftwerke, die in der Tat nicht schnell genug erfolgen kann und muß, bleibt ja noch das Problem der sog. Endlagerung. Endlagerung? Was fällt uns eigentlich ein, angesichts von Halbwertzeiten von zig-tausend Jahren überhaupt von so etwas wie ENDlagerung zu sprechen?

Wir haben die Welt nur von unseren Kindern geerbt – und schon jetzt ist der atomare Müllberg so groß, dass  nicht nur unsere Kindern, sondern auch unsere Enkel und selbst deren Enkel noch sich damit werden herumschlagen müssen.

Es ist gut, dass die evangelische Jugend sich hier deutlich positioniert hat.

Es ist gut, dass sich Jugendliche und Erwachsene zu Mahnwachen an vielen Orten zusammen finden, um deutlich zu machen: So darf es nicht weiter gehen! Wir müssen endlich aufwachen aus dem Sicherheitstraum, der gerade wieder zu einem Sicherheitstrauma wird! Wir müssen umsteigen – weg vom Atomstrom – und natürlich auch so schnell wie möglich weg von fossilen Energiequellen!

Lassen wir uns nicht den Mund verbieten von denen, die sagen, unsere Atomenergie sei sicher – selbst, wenn es so wäre, machen radioaktive Wolken nicht an Staatsgrenzen halt!

Lassen wir uns nicht den Mund verbieten von denen, die sagen, eine Abschaltung sei unmöglich. Deutschland hat 2010 6,7% mehr Strom produziert als verbraucht – und das bei immer wieder stillliegenden AKWs wie Krümmel und Brunsbüttel.

Lassen wir uns nicht den Mund verbieten von denen, die uns vorwerfen, wir seien immer nur dagegen. Wir sind nicht dagegen, sondern dafür: für eine nachhaltige Energiepolitik, für einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen, für eine Eigenständigkeit der Politik und der VerbraucherInnen gegenüber den Stromkonzernen, für eine Welt, in der auch in Zukunft noch Menschen gerne leben.

„Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen [das letzte Fleckchen Erde verstrahlt] ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann.“ (Weissagung der Cree)

Dr. Sven Evers, Landesjugendpfarrer

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